Wenn Sie an Feelgood Management denken, woran denken Sie dann?
Ich habe mir die Frage schon oft gestellt, was die Menschen in Unternehmen denn nun wirklich brauchen, um sich gut zu fühlen. Und ich bin überzeugt: Ganz oben auf der Liste steht ›echte Arbeit‹.
Wenn ich hier von Feelgood Management schreibe, meine ich damit also keine Kulturentwicklung sondern eine Organisationsentwicklung – eine Entwicklung von Unternehmen, damit wieder mehr echte Arbeit möglich wird.
Wie sieht es in Unternehmen zurzeit aus?
In den meisten Unternehmen werden die Menschen nämlich durch allerlei Management-Praktiken von echter Arbeit abgehalten. Meetings, Budgetverhandlungen, Mitarbeitergespräche, PowerPoint-Basteleien, Berichts-Schreibereien. Ich könnte die Liste endlos fortsetzen. All diesen Tätigkeiten ist eines gemeinsam: Sie sind keine echte Arbeit. Sie tarnen sich zwar als solche, letztlich sind sie aber nur Business-Theater, das dafür sorgt, eine aus der Zeit gefallene tayloristische* Unternehmensordnung zu manifestieren – indem der Chef zu spät zum Termin kommt, der Mitarbeiter seinen Wert durch die beeindruckende Präsentation verdeutlicht und die Finanzabteilung das Budget für die Geschäftsreise kürzt.
*Ziel ist die Steigerung der Produktivität menschlicher Arbeit. Dies geschieht durch die Teilung der Arbeit in kleinste Einheiten, zu deren Bewältigung keine oder nur geringe Denkvorgänge zu leisten und die aufgrund des geringen Umfangs bzw. Arbeitsinhalts schnell und repetitiv zu wiederholen sind.
Wie entsteht echte Freude an der Arbeit?
So kann Arbeit keine Freude machen. Warum ich davon überzeugt bin? Weil Freude an Arbeit nur durch Echtheit der Arbeit entsteht. Und Arbeit ist nur dann echt, wenn sie sich nicht auf die Statuskämpfe im Unternehmen konzentriert, sondern auf Aufgaben, die mit dem Kunden zu tun haben. Deshalb wird in „theaterarmen“ Unternehmen überdurchschnittlich viel über den Kundennutzen und mögliche Lösungen für dessen Problem kommuniziert – und zwar immer dann, wenn es gerade nötig ist, und unter denjenigen Personen, die etwas dazu beitragen können.
Den Mitarbeitern Probleme schenken
Wenn ich in die Unternehmen hineinschaue, lechzen die Mitarbeiter geradezu danach, wertschöpfende Arbeit zu verrichten. Menschen wollen nämlich erfolgreich sein und in einem erfolgreichen Unternehmen arbeiten – und dafür müssen sie sinnstiftend und wertschöpfend sein und etwas leisten dürfen. DAS löst den Spaß an der Arbeit aus – das Wissen, etwas erreicht zu haben. Ihnen geht es am Ende des Tages doch auch am besten, wenn Sie ehrlich von sich behaupten können: »Heute habe ich etwas geschafft.«
Deshalb sollten Unternehmen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter in echter Zusammenarbeit Kundenprobleme lösen können. Wie das geht? Schenken Sie den Teams in Ihrem Unternehmen Probleme, die sie gemeinsam lösen müssen. Ob das auf unbequemen Holzstühlen oder in lichtdurchfluteten Sofa-Inseln passiert, ist nicht unbedeutend, und doch zweitrangig. Grundlegend für das Wohlbefinden und Engagement aller Leute im Unternehmen ist indes die echte Arbeit.
Ergänzung von GOODplace:
Doch, eins setzt die hier beschriebene Umsetzung der >Freude an der Arbeit< voraus – das Mandat der Geschäftsführung. Die Bereitschaft, die bestehende Arbeitskultur wirklich ändern zu wollen, um den Kundennutzen wieder in den Fokus des eigentlichen Engagements zu stellen. Feelgood Management schafft dafür die Rahmenbedingungen.

Er ist Unternehmer und Mitbegründer von intrinsify.me, dem größten offenen Thinktank für die neue Arbeitswelt und moderne Unternehmensführung im deutschsprachigen Raum. Er lehrt an mehreren Universitäten und Instituten und ist gefragter Redner auf internationalen Kongressen und Firmenveranstaltungen. Sein neuestes Buch »Zurück an die Arbeit – Wie aus Business-Theatern wieder echte Unternehmen werden« ist 2016 erschienen.