Heute starten wir eine Interview-Serie über Menschen, die sich ihre eigenen smarten Arbeitsmodelle aufbauen um besser Job und Familie, Hobbies, den eigenen Arbeitsrhythmus oder ihr soziales Engagement zu verbinden.
Unser erstes Interview führen wir zur Einführung ins Thema mit dem Journalist, Autor und Unternehmer Markus Albers. Er hat die Bücher „Morgen komm ich später rein“ und „Meconomy“ geschrieben, in denen er neue smarte Formen der Arbeit vorstellt, die uns freier und selbstbestimmter arbeiten lassen.
GOODplace: Markus Albers, was bieten uns die von Ihnen beschriebenen Arbeitsformen Smart Working und Meconomy?
Unter „Smart Working“ versteht man ja heutzutage, auch im Unternehmenskontext, sehr häufig das, was früher vielleicht auch unter Begriffen wie „Remote Working“ oder „Teleworking“, oder mobilem, flexiblem Arbeiten gefasst wurde. Die Tatsache, dass wir aufgrund der technischen Entwicklung heutzutage in der Lage sind, eigentlich fast überall zu arbeiten – zumindest wenn wir Wissensarbeiter sind, also nicht unbedingt ins Büro gehen müssen. Dazu kommt, dass es auch starke gesellschaftliche Treiber gibt, die eine stärkere Flexibilisierung fordern, einschließlich von Arbeit. Das sind einmal die jungen Leute, die Generation Y, die fragt: Mensch, wenn ich die ganzen technischen Möglichkeiten habe, mit anderen Menschen kollaborativ zusammenzuarbeiten, warum werde ich dann immer noch von altmodischen Arbeitgebern an den Schreibtisch gekettet?
Und auf der anderen Seite ist es sicherlich der starke Trend hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese verschiedene Treiber machen Smart Working attraktiv und zwar eben nicht nur für Arbeitnehmer sondern auch für Arbeitgeber. Ich glaube das ist auch relativ unstrittig. In vielen, auch teils großen Unternehmen, wie Bosch, wird das verbreitet praktiziert und positiv aufgenommen – von beiden Seiten.
Die „Meconomy“ auf der anderen Seite ist der Anschluss daran, dass gerade junge Leute sich doch zunehmend fragen: wenn die klassische Arbeit, wie unsere Eltern sie gekannt haben – morgens ins Büro fahren, da den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen, abends wieder nach Hause fahren – wenn das sowieso heute nicht mehr so ist, warum ist überhaupt noch die Festanstellung in einem Unternehmen eine Traumkarriere? Will ich nicht vielleicht lieber mein eigenes Ding machen, meinen eigenen Leidenschaften folgen? Und das ist heute, aus verschiedenen Gründen, auch einfacher denn je.
GOODplace: Welchen Typ Mensch braucht es, um die Möglichkeiten der digitalen Ökonomie so zu nutzen, dass sie für den Sinn, aber auch für den Menschen gut funktioniert, dass er nicht auf der Strecke bleibt?
Ich glaube, dass es gar keinen besonderen Typ Mensch gibt. Zumindest widerspreche ich immer gerne dem Argument, dass ich hin und wieder von Arbeitgebern höre, die sagen: „Ja, das klingt ja alles ganz interessant, aber für meine Leute ist das nix. Die brauchen Führung, und die brauchen klare Strukturen, und denen muss ich sagen, was sie tun sollen und wann sie zur Arbeit kommen sollen, usw.“ Ich finde, dem liegt ein paternalistisches Menschenbild zugrunde, bei dem der Chef es doch besser wissen will, und der Angestellte eher funktionieren muss. Ich glaube vielmehr, dass diese neuen Möglichkeiten, die Smart Working und die Meconomy bringen, für potenzielle Unternehmen interessant und machbar sind. Das heißt nicht, dass es für jeden attraktiv ist. Das ist natürlich die andere Frage. Es gibt viele Kollegen, auch in meinem eigenen Startup, die sagen: „Ich komme doch gerne jeden Tag ins Büro, ich sehe gerne die Kollegen, ich will gar nicht aus dem Homeoffice arbeiten.“ Nicht jeder will sich selbstständig machen. Aber das Neue ist, wenn man es möchte oder zumindest in Betracht zieht, dass die Möglichkeiten dazu da sind, und dass es sehr, sehr viel leichter ist als noch vor wenigen Jahren.
GOODplace: Was ist der Vorteil für die, die es möchten? Welche Möglichkeiten und Chancen ergeben sich daraus?
Auf der einen Seite hat man heute, durch die Entwicklungen, die wir im Bereich Social Media sehen, Twitter, Facebook, Blogging, usw., die Möglichkeit eine viel größere Zielgruppe, potenziell ja sogar weltweit, mit sehr geringem finanziellen Einsatz zu erreichen. Zielgruppe kann bedeuten, dass es Kunden sind, für ein Produkt, das ich vermarkten möchte. Vielleicht sind es auch Kunden für mich selbst, wenn ich eine Dienstleistung anbiete, oder, oder… Das ist nur ein Beispiel dafür, dass es sehr viel machbarer und günstiger geworden ist, technisch bedingt Dienstleistungen, oder auch Produkte unter die Menschen zu bringen. Ganz pragmatisch heißt das, dass man sich heutzutage viel leichter selbstständig machen kann. Muss heutzutage überhaupt noch ein teures Büro eingerichtet werden, indem ein großer Server gebraucht wird, wo eine Telefonanlage und ein Kopierer benötigt werden? Was man früher so alles gebraucht hätte und was riesige Investitionen waren, für die man vielleicht zur Bank gehen musste um zu versuchen einen Kredit zu bekommen. Das geht heute alles mit sehr viel weniger Kapitaleinsatz. Deswegen sehen wir, dass viele, eben auch Solo-Selbständige, wie man das ja so nennt, einfach mal ihr Glück versuchen, mit was auch immer ihre Leidenschaft ist. Das Risiko des Scheiterns hält sich in Grenzen, dadurch, dass der vor allem finanzielle Einsatz am Anfang nicht mehr so hoch ist.
GOODplace: Wir haben gehört, dass das Streben nach einem sinnvollen Job mit den Möglichkeiten des digitalen Wandels möglich ist. Welchen Ausblick können Sie uns geben, was kommt als nächstes?
Auf der einen Seite werden wir sehen, dass der Trend sich noch verstärkt. Gerade in Deutschland ist es vielleicht hier und da auch noch ein gefühlter Trend. Heute war ein schöner Artikel über die Generation Y in der FAZ. Der Trend hat sich sicherlich noch nicht in allen Gesellschaftsschichten durchgesetzt, geschweige denn in allen Unternehmen. Das heißt auf der einen Seite, es werden bestimmt sehr viel mehr, nicht nur junge Menschen, auch vielleicht Menschen mittleren Alters, die mit ihrem bisherigen Jobverlauf vielleicht gerade nicht so glücklich sind, diese Möglichkeiten entdecken und auch nutzen. Gleichzeitig, und das ist eben ganz wichtig, entdecken die Arbeitgeber, die Unternehmen, dass sie da was tun müssen. Es ist für Arbeitnehmer gar nicht mehr notwendig, sich fest anstellen zu lassen und gerade die jungen Leute stellen die Sinnfrage: „Warum soll ich denn eigentlich bei Ihnen arbeiten und Ihren Zielen folgen, wenn ich genauso gut mein eigenes Ding machen könnte?“. So sieht man gerade ganz verstärkt, dass viele Arbeitgeber sich sehr viele Gedanken darüber machen: wie können wir attraktiv sein für die junge Zielgruppe, die demographisch bedingt kleiner wird und am längeren Hebel sitzt. Stichwort „Fachkräftemangel“. Und da wird das so genannte Employer Branding, der Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke, immer wichtiger. Wir sehen einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt. Und der ist, wie ich finde, zum Guten.
Markus Albers, danke für Ihre Zeit und die interessanten Einblicke in die Welt des neuen Arbeitens. Wer mehr über Markus Albers und seine neuen Projekte wissen möchte, er bloggt unter http://www.markusalbers.com/blog/.
Autorin:
Monika Kraus-Wildegger, Gründerin von GOODplace, Community für neue, bessere Arbeitswelten. Auf GOODplace geben Unternehmen Einblick in ihre Feelgood Unternehmenskultur, um für die besten Arbeitskräfte attraktiv zu sein. Hier diskutieren Kopf- und Wissensarbeiter, welche Arbeitskultur sie von modernen Unternehmen erwarten.